Dienstag, 7. Dezember 2010

[HINTERGRUND, KRITIK] ...Kritik an John Boyne...

Dauernd laufe ich John Boyne über den Weg. Mal in einer Videothek ( Der Junge im gestreiften Pyjama ) mal in einem Buchladen, letztens sogar beim Discounter und jedes Mal werde ich wütend! Bin ich die Einzige die sich über die schlechte Recherche, fehlerhafte Darstellungen und über die völlig idiotische Übersetzung der Bücher ärgert?!
Sowohl "der Junge im gestreiften Pyjama" als auch "das Haus zur besonderen Verwendung" strotzen nur so vor Fehlern und trotzdem überall die höchste Sternzahl! Bin ich so empfindlich oder lassen sich andere "nur" unterhalten aber achten überhaupt nicht auf den historischen Inhalt.
Bei Gott, ich bin nicht gerade eine Leserin historischer Romane aber wenn ich eines in der Hand halte, muss es Hand und Fuß haben, denn schließlich behält man durch das Lesen viele Fakten im Kopf! Und dann sollten es wirklich auch FAKTEN und TATSACHEN sein und nicht Phantasien eines Ir(r)en!!
Leider ist es schon länger her, dass ich "den Jungen im gestreiften Pyjama" gelesen habe aber einige Sachen sind mir doch so bitter aufgestoßen, dass ich mich noch immer dran erinnern kann. Zum Beispiel die falsche Aussprache der Worte "Furor" statt "Führer" oder "Auswisch" statt "Ausschwitz". Zunächst dachte ich daran es könnte sich um eine erfundene Welt handeln, quasi als Parabel - doch "Hitler" hat leider gar nicht in diese Welt gepasst, dafür hätte auch sein Name anders klingen müssen...
Also habe ich recherchiert und bin irgendwann darauf gekommen, dass die Aussprache auf Englisch einen Sinn ergibt. Und zwar bleiben die Namen im Englischen unverändert und sind somit für englischsprechende Kinder schwer auszusprechen. Geht also einer davon aus, dass die deutschen englisch sprechen macht es Sinn ;) klingt kompliziert aber ich hoffe ihr versteht was ich meine...
Was aber weiterhin bedeutet, dass hier die Übersetzer versagt haben!!! So etwas darf nicht einfach Wort wörtlich übernommen werden, sondern muss an DEUTSCHE Leser angepasst sein, die sicherlich keine Probleme mit "Führer" haben...
Aber nicht nur die Übersetzer haben versagt. Auch John Boyne hätte sich über das Lager informieren sollen! Vielleicht auch mal dorthin reise?! Ein Loch im Zaun und weit und breit keine Wache?! Von mir aus, ich lasse es durchgehen. Aber die Aussage, der kleine würde gerne mit seinem Freund in Pyjama tauschen, denn dieser hätte es so gut, er müsse sich nie normale Kleidung anziehen! Wie dumm, wie gefühllos muss einer sein um das Leid, den Hunger der Gefangenen nicht zu sehen? -- Tut mir leid, das geht gar nicht!
Und auch die Pyjamas und Gaskammern haben rein gar nichts mit einander zu tun, denn wer einmal ins Arbeitlager kam und sein "Pyjama" bekam, verhungerte, wurde gefoltert oder erschossen aber nicht zum "Duschen" in die Gaskammer geschickt!!!
So etwas in einem historischen Buch ?! --> NEIN NEIN NEIN!!!
Nun das zweite Werk "Das Haus zur besonderen Verwendung". Dieses Mal stimmen die groben Tatsachen. Es wundert mich nur, warum John Boyne - obwohl seit Anfang der 90er bekannt - die Anastasia rettet statt Maria von der man tatsächlich jede Spur vermisst!! Aber auch das ist künstlerische Freiheit.
Vielmehr ärgere ich mich mal wieder über die schlechte Übersetzung. Soja kenne ich sehr gut, als Vegetarier hat man öfters damit zu tun aber als Namen ?! Nicht mal die Russen würden ihre Frauen so schimpfen! Klar, in den 50er Jahren hat man Zoya in Deutschland noch als "Soja" übersetzt weil nur wenige Bürger gewusst hätten wie man das englische "z" ausspricht. Heutzutage heißen unsere Kinder alle Justin, Jaqueline und Zoe und jeder weiß wie das ausgesprochen wird. Deswegen hätte man auch den Namen bei "Zoya" belassen müssen und nicht in Tofu verwandeln...
Auch ärgert mich der Stilbruch in der deutschen Übersetzung. Zunächst wird ein Kind liebevoll ( zumindest klingt es so, hat jedoch keine Bedeutung ) "schwipsik" genannt und kurz darauf nennt der Zar seine Frau "sunny" was nun? englisch oder "möchtegern" russisch? Irgendwie herrscht da Disharmonie...
Dann wieder mal Kritik auch an John Boyne. Ist es so schwer ein russisch - englisches Wörterbuch zu besorgen und die Worte Mama und Papa nachzuschlagen? Denn diese beiden heißen genau gleich wie in deutschen.  "Mascha" und "Pascha" was Boyne benutzt sind dagegen zwei Namen - Mascha ist die Verkleinerung von Maria, Pascha die Verkleinerung von Pavel also von deutschen Paul :)
 
Auch mit Verkleinerungen der Namen hat der Mann Probleme. Zum Beispiel  die Verkleinerung von "Georgi" heißt Grischa...
Und dann eine weitere Kleinigkeit die mich nicht in Ruhe lässt. Irgendwo in der Mitte der Geschichte sagt einer "Der Mann hätte einen "slawischen Akzent" und könnte aus Rumänien oder Bulgarien kommen! Lieber Herr Boyne, mit Bulgarien ging es zwar gut, aber nur weil Rumänien in der Nähe liegt, haben die Menschen dort eine völlig andere Sprache und alles andere als einen slawischen Akzent!!!
Nun ja, leider kann ich die Bücher nicht sehr gut bewerten, denn ich denke, wer nicht recherchieren will soll bei Fantasy bleiben oder in Gebieten, in denen er sich auskennt. Will einer jedoch ein historisches Buch schreiben dann bitte richtig! Es ist noch keine Recherche sind zwei Länder auf der Karte anzusehen...

In Buch zwei also "Das Haus zur besonderen Verwendung" stimmen schon viele Hintergrüne überein. Die Geschichte an sich ist defitiv besser recherchiert und deswegen bekommt das zweite Buch auch fast fünf Sterne!!!

1 Kommentare:

Ich breche mal eine Lanze für das erste Buch :-)

Also ich habe den Jungen im gestreiften Pyjama eigentlich sehr gemocht. Denn ich weiß, dass Kinder so sind. Viele Erwachsene konnten das Grauen schon nicht richtig erfassen und für Kinder war es erst recht unverständlich. Besonders wenn Ihnen Informationen vorenthalten wurden. Viele Eltern haben ihren Kindern Geschichten erzählt, um alles zu verharmlosen oder sie vor Gedanken und Bildern zu bewahren. Hier möchte ich ganz besonders auf den wunderbaren Film "Das Leben ist schön hinweisen". Ich finde es nachvollziehbar. Wir dürfen nicht mit unserem heutigen Wissen und Verständnis an die Sache herangehen.

Auschwisch hat auch einen anderen Hintergrund. Boyne wollte kein eigentlich existierendes Lager nehmen. Er wollte zwar einen kleinen Hinweis geben, denkt aber dass die Geschichte überall spielen könnte.
Und je nachdem welches Lager du nimmst und welche Zeit du betrachtest, wurden auch Menschen mit der üblichen Lagerkleidung in die Kammern geschickt (siehe Shlomo Venezia, Meine Arbeit im Sonderkommando Auschwitz und div. wissenschaftliche Publikationen)
Und der Furor kann sich selbst im Deutschen so anhören, wenn man mal einige Reden von Goebbels und Anhang genauer hört.

Na ja, zum Glück gibt es ja noch viele andere Bücher, die dr gefallen :-)
Liebe Grüße
Charlene

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